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Geschrieben von Werner Bruch I 08.09.22

Wie wird vielfaltsbewusste und inklusive Kultur in Unternehmen gelebt?

Inklusive Unternehmen sind erfolgreicher, weil sie mehr Perspektiven und Lebensrealitäten von Mitarbeitenden, Kunden, Partner und Lieferanten haben. Glaubt man den zahlreichen Studien, erhöht Diversity die Zufriedenheit und Loyalität und damit auch der Leistungsfähigkeit aller Mitarbeitenden. Klingt gut, wenn man einen Job hat. Doch wie nimmt man das Thema als Bewerber wahr? Theo Gnägi lebt seit seiner Geburt mit einer Gehbehinderung. Er gewährt einen kurzen Einblick, was er bei seiner Stellensuche beobachtet.

Theo, du kannst aus zweifacher Sicht aus dem Nähkästchen plaudern. Einerseits bist du auf Stellensuche und andererseits lebst du seit deiner Geburt mit einer Einschränkung. Was beobachtest du derzeit als Stellensuchender?

Es gibt interessante Stellenangebote, die mich ansprechen. Bei Teilzeit Pensen ist das Angebot für einen Job mit meinem Kompetenzen-Rucksack und meiner Situation allerdings eingeschränkter. Ich lebe seit Geburt mit einer Cerebralparese und bin bis ins Alter von 13 Jahren im Rollstuhl gefahren. Nach diversen Operationen laufe ich heute mit einem Gehstock und bin einigermassen mobil. Durch meine Invalidenrente von 50 % kann ich einem Arbeitgeber ein Pensum zwischen 40 % und 50 % anbieten. Je nach Branche und Fachbereich erlebe ich überraschenderweise bei Teilzeitstellen wenig Flexibilität seitens der Arbeitgeber.

Der Fachkräftemangel müsste eine Chance sein, wenn jemand ein Teilpensum sucht, welche Erfahrungen machst du derzeit?

Durch meine Neugier und Lust, neues zu lernen, habe ich in den vergangenen Jahren einen breiten Rucksack in den Bereichen Finanzen, Controlling, Reporting, Administration und gute IT-Kenntnisse aufgebaut. Zwei Fachbereiche, die ich sehr spannend finde, sind IT und Finanzen. Im IT-Bereich werden aufgrund des Fachkräftemangels sehr viele Fachkräfte mit Zertifikaten im Ausland rekrutiert. Im Finanzbereich sind ebenfalls einige spannenden Stellen ausgeschrieben. Ob hier oder da, Fakt ist, dass die Bewerber die Fachausweise und Diplome ihrer Aus- und Weiterbildungen vorweisen können, die besten Chancen haben. Ich hingegen habe sehr viel Wissen, Erfahrung und praktisches Know-how, kann aber die gewünschten Zertifikate nicht bieten. Die Realität ist es gibt spannende Jobs, die mich interessieren. Ich persönlich habe im Arbeitsmarkt die besten Aussichten, wenn ein Arbeitgeber für drei Dinge offen ist: Ein Teilzeitpensum, professionelle Arbeit ohne Diplome und einen Mitarbeiter mit einer Körperbehinderung.

Welches ist für dich dabei die grösste Hürde?

Das kann ich gar nicht so einfach beantworten. Es gibt Stellen, da geht es tatsächlich nur mit einem 100 % Pensum. Bei anderen Angeboten liegt der Schwerpunkt auf einem Fachausweis oder Zertifikat. Eine körperliche Behinderung sollte im Jahr 2022 kein Killerkriterium mehr sein.

Wie gehst du mit Absagen bei einer Bewerbung um?

Ich frage immer detailliert nach den Gründen, um für mich daraus zu lernen.

Bekommst du immer ehrliches Feedback?

Schwer zu sagen. Ich lege viel Wert auf Ehrlichkeit und lege meine Karten gerne auf den Tisch. Das ist langfristig betrachtet immer das Beste. Deshalb gehe ich davon aus, dass mein Gegenüber auch so denkt und ehrlich kommuniziert.

Nehmen wir an, ein Arbeitgeber:in muss sich zwischen zwei Bewerber:in mit +/- identischem fachlichem Rucksack entscheiden. Eine Person mit und eine ohne Einschränkung, wer hat deiner Erfahrung nach die besseren Chancen, den Job zu bekommen?

Das ist eine heisse Frage. Fakt ist, eine Stellenbesetzung kostet viel Geld. Da kann ich einen Arbeitgeber gut verstehen, wenn er die grösstmögliche Sicherheit möchte, die richtige Person zu engagieren. In den Bewerbungen und Bewerbungsgesprächen versuchen sich alle Bewerber:innen ins beste Licht zu rücken. Und da werden oft alle Register gezogen, ist logisch. Für einen Arbeitgeber ist es anspruchsvoll, die richtige Wahl zu treffen. Ich war z. B. ziemlich überrascht, als ich im ersten Gespräch bei der regionalen Arbeitsvermittlung gefragt wurde, ob ich meine Beeinträchtigung in der Bewerbung schon erwähnen möchte oder nicht. Die Meinungen dazu gehen sehr auseinander. Irgendwann kommt die Stunde der Wahrheit bei mir bereits im ersten Vorstellungsgespräch. Wie bereits erwähnt, ich lege meine Karten von Anfang an auf den Tisch. Mit dieser Transparenz muss ich mich damit auseinandersetzen, wie ich meine spezifischen Eigenschaften als Mensch und meine Fachkompetenzen in einer Bewerbung und in den Gesprächen sichtbar mache. So erkennt ein Arbeitgeber, wo die Vorzüge der Person liegen und welche Einschränkungen die Behinderung im Arbeitsalltag haben «könnte». Es ist jedoch sinnvoll, dass nicht ein Arbeitgeber die Gewichtung der Behinderung macht, sondern der Bewerber. Er weiss am besten, wie er mit seiner Situation umgehen kann. Ich persönlich freue mich, wenn ich als Mensch den Job bekomme und nicht als Behinderter.

Du hast vorhin erwähnt, dass Arbeitgeber bei einer Festanstellung langfristig planen und dementsprechend eine sichere Entscheidung treffen möchten. Ist es aus deiner Sicht sicherer, eine Person ohne Behinderung anzustellen, als jemand mit einer Behinderung?

Die Frage ist, wie man es anschaut. Wir haben in der Schweiz rund 800’000 Menschen, die mit einer psychischen Einschränkung leben. Stell dir vor, ein Arbeitgeber betrachtet seine Mitarbeitenden. Rein äusserlich kann er wahrscheinlich nur schwer sagen, wie viele von den 800’000 Menschen in seinem Unternehmen beschäftigt sind. Ich erwähne das, weil psychische Krankheiten nicht sichtbar sind. Bei mir mit einer Gehbehinderung sieht er von Weitem wie einer am Stock daher humpelt (lacht), das ist offensichtlich. Der erste Eindruck ist oft massgebend und/ oder entscheidend. Wenn jemand nicht auf das Thema sensibilisiert ist, kann das ein Hinderungsgrund für eine Anstellung sein. Es gilt in jeder Hinsicht, Chancen und Möglichkeiten auszuloten, mögliche Herausforderungen zeigen sich in der Zusammenarbeit und können gemeinsam angegangen werden.

Fühlst du dich behindert?

Ja, durch verschiedene gesetzliche und arbeitsspezifische Themen auf dem Papier (lacht). Ich bin hauptsächlich eingeschränkt, wenn es darum geht, von A nach B zukommen. Im täglichen Leben, den zwischenmenschlichen Bedürfnissen, den Möglichkeiten Neues zu erkennen, zu lernen oder zu teilen, ist meine Behinderung nicht das Entscheidende, gar nicht.

Welche Chancen könnte ein Unternehmen verpassen, wenn es Menschen mit Einschränkungen nicht auf dem Rekrutierungsradar haben?

Ganz viel, weil Menschen, die mit einer Einschränkung umgehen (müssen), welcher Art auch immer sind es gewohnt zu kämpfen. Sie sind es gewohnt, sich durchzusetzen und dranzubleiben, standhaft und fokussiert auf ein Ziel zu sein. Das sind nur einige Eigenschaften, für die ein Management Interesse haben müsste. Häufig schulen Unternehmen diese Themen in allen erdenklichen Formen und Farben. Wenn das jemand schon von Grund auf mitbringt, weil dich das Leben schon in eine solche Situation stellt, dann geht für Firmen viel Potenzial verloren, wenn man das nicht berücksichtig.

Welche Voraussetzung bei einem Arbeitgeber spornen dich an, deine Potenziale engagiert einzusetzen?

Mir ist vor allem wichtig, dass ich einen sinnvollen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten kann. Ich suche nicht einfach nur einen Job, sondern Erfüllung in einer Aufgabe. Dazu gehört ein zwischenmenschlicher, wertschätzender Umgang miteinander. Dazu gehört auch, dass man in der Zusammenarbeit Unterschiede wertschätzt. Jeder Mensch hat eine andere Situation und jeder geht so damit um, wie es ihm möglich ist. Wenn man sich über die Möglichkeiten und Grenzen austauscht, stellt man fest, dass die Hürden gar nicht so hoch sind.

Was wünscht du dir für deine Zukunft?

Uuii, da gibt es ganz vieles. Die derzeitige Situation stellt uns vor neue Herausforderungen. Dinge, die gestern noch selbstverständlich waren, geraten heute ins Wanken. Bezogen auf unser Gesprächsthema wünsche ich mir, dass Vielfalt oder Diversity in den Unternehmen so sichtbar wird wie in unserer Gesellschaft. Ich bin überzeugt, dass dies ein Mehrwert für alle bringt.

Auf Wunsch erhalten Sie die Koordinaten von Theo Gnägi unter: w.bruch@bruch-partner.com

Geschrieben von Werner Bruch I 08.09.22

Wie wird vielfaltsbewusste und inklusive Kultur in Unternehmen gelebt?

Inklusive Unternehmen sind erfolgreicher, weil sie mehr Perspektiven und Lebensrealitäten von Mitarbeitenden, Kunden, Partner und Lieferanten haben. Glaubt man den zahlreichen Studien, erhöht Diversity die Zufriedenheit und Loyalität und damit auch der Leistungsfähigkeit aller Mitarbeitenden. Klingt gut, wenn man einen Job hat. Doch wie nimmt man das Thema als Bewerber wahr? Theo Gnägi lebt seit seiner Geburt mit einer Gehbehinderung. Er gewährt einen kurzen Einblick, was er bei seiner Stellensuche beobachtet.

Theo, du kannst aus zweifacher Sicht aus dem Nähkästchen plaudern. Einerseits bist du auf Stellensuche und andererseits lebst du seit deiner Geburt mit einer Einschränkung. Was beobachtest du derzeit als Stellensuchender?

Es gibt interessante Stellenangebote, die mich ansprechen. Bei Teilzeit Pensen ist das Angebot für einen Job mit meinem Kompetenzen-Rucksack und meiner Situation allerdings eingeschränkter. Ich lebe seit Geburt mit einer Cerebralparese und bin bis ins Alter von 13 Jahren im Rollstuhl gefahren. Nach diversen Operationen laufe ich heute mit einem Gehstock und bin einigermassen mobil. Durch meine Invalidenrente von 50 % kann ich einem Arbeitgeber ein Pensum zwischen 40 % und 50 % anbieten. Je nach Branche und Fachbereich erlebe ich überraschenderweise bei Teilzeitstellen wenig Flexibilität seitens der Arbeitgeber.

Der Fachkräftemangel müsste eine Chance sein, wenn jemand ein Teilpensum sucht, welche Erfahrungen machst du derzeit?

Durch meine Neugier und Lust, neues zu lernen, habe ich in den vergangenen Jahren einen breiten Rucksack in den Bereichen Finanzen, Controlling, Reporting, Administration und gute IT-Kenntnisse aufgebaut. Zwei Fachbereiche, die ich sehr spannend finde, sind IT und Finanzen. Im IT-Bereich werden aufgrund des Fachkräftemangels sehr viele Fachkräfte mit Zertifikaten im Ausland rekrutiert. Im Finanzbereich sind ebenfalls einige spannenden Stellen ausgeschrieben. Ob hier oder da, Fakt ist, dass die Bewerber die Fachausweise und Diplome ihrer Aus- und Weiterbildungen vorweisen können, die besten Chancen haben. Ich hingegen habe sehr viel Wissen, Erfahrung und praktisches Know-how, kann aber die gewünschten Zertifikate nicht bieten. Die Realität ist es gibt spannende Jobs, die mich interessieren. Ich persönlich habe im Arbeitsmarkt die besten Aussichten, wenn ein Arbeitgeber für drei Dinge offen ist: Ein Teilzeitpensum, professionelle Arbeit ohne Diplome und einen Mitarbeiter mit einer Körperbehinderung.

Welches ist für dich dabei die grösste Hürde?

Das kann ich gar nicht so einfach beantworten. Es gibt Stellen, da geht es tatsächlich nur mit einem 100 % Pensum. Bei anderen Angeboten liegt der Schwerpunkt auf einem Fachausweis oder Zertifikat. Eine körperliche Behinderung sollte im Jahr 2022 kein Killerkriterium mehr sein.

Wie gehst du mit Absagen bei einer Bewerbung um?

Ich frage immer detailliert nach den Gründen, um für mich daraus zu lernen.

Bekommst du immer ehrliches Feedback?

Schwer zu sagen. Ich lege viel Wert auf Ehrlichkeit und lege meine Karten gerne auf den Tisch. Das ist langfristig betrachtet immer das Beste. Deshalb gehe ich davon aus, dass mein Gegenüber auch so denkt und ehrlich kommuniziert.

Nehmen wir an, ein Arbeitgeber:in muss sich zwischen zwei Bewerber:in mit +/- identischem fachlichem Rucksack entscheiden. Eine Person mit und eine ohne Einschränkung, wer hat deiner Erfahrung nach die besseren Chancen, den Job zu bekommen?

Das ist eine heisse Frage. Fakt ist, eine Stellenbesetzung kostet viel Geld. Da kann ich einen Arbeitgeber gut verstehen, wenn er die grösstmögliche Sicherheit möchte, die richtige Person zu engagieren. In den Bewerbungen und Bewerbungsgesprächen versuchen sich alle Bewerber:innen ins beste Licht zu rücken. Und da werden oft alle Register gezogen, ist logisch. Für einen Arbeitgeber ist es anspruchsvoll, die richtige Wahl zu treffen. Ich war z. B. ziemlich überrascht, als ich im ersten Gespräch bei der regionalen Arbeitsvermittlung gefragt wurde, ob ich meine Beeinträchtigung in der Bewerbung schon erwähnen möchte oder nicht. Die Meinungen dazu gehen sehr auseinander. Irgendwann kommt die Stunde der Wahrheit bei mir bereits im ersten Vorstellungsgespräch. Wie bereits erwähnt, ich lege meine Karten von Anfang an auf den Tisch. Mit dieser Transparenz muss ich mich damit auseinandersetzen, wie ich meine spezifischen Eigenschaften als Mensch und meine Fachkompetenzen in einer Bewerbung und in den Gesprächen sichtbar mache. So erkennt ein Arbeitgeber, wo die Vorzüge der Person liegen und welche Einschränkungen die Behinderung im Arbeitsalltag haben «könnte». Es ist jedoch sinnvoll, dass nicht ein Arbeitgeber die Gewichtung der Behinderung macht, sondern der Bewerber. Er weiss am besten, wie er mit seiner Situation umgehen kann. Ich persönlich freue mich, wenn ich als Mensch den Job bekomme und nicht als Behinderter.

Du hast vorhin erwähnt, dass Arbeitgeber bei einer Festanstellung langfristig planen und dementsprechend eine sichere Entscheidung treffen möchten. Ist es aus deiner Sicht sicherer, eine Person ohne Behinderung anzustellen, als jemand mit einer Behinderung?

Die Frage ist, wie man es anschaut. Wir haben in der Schweiz rund 800’000 Menschen, die mit einer psychischen Einschränkung leben. Stell dir vor, ein Arbeitgeber betrachtet seine Mitarbeitenden. Rein äusserlich kann er wahrscheinlich nur schwer sagen, wie viele von den 800’000 Menschen in seinem Unternehmen beschäftigt sind. Ich erwähne das, weil psychische Krankheiten nicht sichtbar sind. Bei mir mit einer Gehbehinderung sieht er von Weitem wie einer am Stock daher humpelt (lacht), das ist offensichtlich. Der erste Eindruck ist oft massgebend und/ oder entscheidend. Wenn jemand nicht auf das Thema sensibilisiert ist, kann das ein Hinderungsgrund für eine Anstellung sein. Es gilt in jeder Hinsicht, Chancen und Möglichkeiten auszuloten, mögliche Herausforderungen zeigen sich in der Zusammenarbeit und können gemeinsam angegangen werden.

Fühlst du dich behindert?

Ja, durch verschiedene gesetzliche und arbeitsspezifische Themen auf dem Papier (lacht). Ich bin hauptsächlich eingeschränkt, wenn es darum geht, von A nach B zukommen. Im täglichen Leben, den zwischenmenschlichen Bedürfnissen, den Möglichkeiten Neues zu erkennen, zu lernen oder zu teilen, ist meine Behinderung nicht das Entscheidende, gar nicht.

Welche Chancen könnte ein Unternehmen verpassen, wenn es Menschen mit Einschränkungen nicht auf dem Rekrutierungsradar haben?

Ganz viel, weil Menschen, die mit einer Einschränkung umgehen (müssen), welcher Art auch immer sind es gewohnt zu kämpfen. Sie sind es gewohnt, sich durchzusetzen und dranzubleiben, standhaft und fokussiert auf ein Ziel zu sein. Das sind nur einige Eigenschaften, für die ein Management Interesse haben müsste. Häufig schulen Unternehmen diese Themen in allen erdenklichen Formen und Farben. Wenn das jemand schon von Grund auf mitbringt, weil dich das Leben schon in eine solche Situation stellt, dann geht für Firmen viel Potenzial verloren, wenn man das nicht berücksichtig.

Welche Voraussetzung bei einem Arbeitgeber spornen dich an, deine Potenziale engagiert einzusetzen?

Mir ist vor allem wichtig, dass ich einen sinnvollen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten kann. Ich suche nicht einfach nur einen Job, sondern Erfüllung in einer Aufgabe. Dazu gehört ein zwischenmenschlicher, wertschätzender Umgang miteinander. Dazu gehört auch, dass man in der Zusammenarbeit Unterschiede wertschätzt. Jeder Mensch hat eine andere Situation und jeder geht so damit um, wie es ihm möglich ist. Wenn man sich über die Möglichkeiten und Grenzen austauscht, stellt man fest, dass die Hürden gar nicht so hoch sind.

Was wünscht du dir für deine Zukunft?

Uuii, da gibt es ganz vieles. Die derzeitige Situation stellt uns vor neue Herausforderungen. Dinge, die gestern noch selbstverständlich waren, geraten heute ins Wanken. Bezogen auf unser Gesprächsthema wünsche ich mir, dass Vielfalt oder Diversity in den Unternehmen so sichtbar wird wie in unserer Gesellschaft. Ich bin überzeugt, dass dies ein Mehrwert für alle bringt.

Auf Wunsch erhalten Sie die Koordinaten von Theo Gnägi unter: w.bruch@bruch-partner.com

Wie nutzt ein Manager jetzt ganz konkret ein Dashboard, um die Performance seines Teams zu überprüfen?

Wenn wir von DEM Dashboard reden meinen wir immer ein ganzes Set von Dashboard Seiten oder sogenannten Reports. Ein zentrales Dashboard Vertriebscontrolling zeigt idealerweise die ganze Situation im Verkauf mit Umsatz, Kumulierte 12 Monatswerte, Auftragseingang, Angebote und Auftragsbestand sowie Margen auf einen Blick. Dazu natürlich die wichtigsten Abweichungen zum Vorjahr und Budget und das Ganze vollautomatisch.

Zentrales Dashboard Vertriebscontrolling

Der Manager hat jetzt die Wahl in tiefere Reports nach Kunde, Produkt oder Region abzuspringen. Findet er beim Kunden eine Schwachstelle, nennt ihm das Dashboard auch gleich, welche Produkte dieser Kunde weniger gekauft hat. Dies könnte Anlass für ein Gespräch mit dem Kunden sein.

Springt er in den Umsatz nach Region ab, sieht er die Topverkäufer oben und die Schwächeren unten. Einzelne schwache Verkäufer kann er anklicken und sieht rechts in einer Tabelle, welche Kunden aktuell weniger kaufen. Genauso sollte man natürlich umgekehrt auch die Starkstellen eines Unternehmens herausfiltern und diese weiter fördern.

Unterm Strich ist jede Kombination aus sogenannten Dimensionen wie Kunde, Produkt, Region, Projekt etc. und Kennzahl z.B. Umsatz, Auftragseingang, Angebot denkbar und machbar. Sofern natürlich die Daten im Unternehmen vorhanden sind.

Du sprachst vorhin über Inseln von Systemen. Wie bringst du diese Dateninseln zusammen?

Nun, das ist ein ganz zentrales Element von Dashboards zum Beispiel realisiert mit Microsoft Power BI. Alle Transaktionen wie Umsatz, Angebot oder Auftragseingang haben eines gemeinsam, und das ist:   DIE ZEIT!

Jede Transaktion besitzt einen Zeitstempel zu der sie stattgefunden hat, also ein Datum und vielleicht sogar eine Uhrzeit. Das zentrale Element in Power BI ist eine Kalendertabelle. Dort binden wir diese zusammenhanglosen Buchungen an und bringen sie in eine zeitliche Abhängigkeit zueinander.

Somit kannst du auf einer Zeitleiste parallel darstellen, wie sich der Umsatz, der Auftragseingang und die Angebotsproduktion im Laufe von Monaten verhalten haben. Steigt die Angebotsproduktion bei gleichbleibender Hitrate, sollte sich mittelfristig der Auftragseingang und nach der üblichen Lieferzeit auch der Umsatz erhöhen. Du hast also alles in der Hand, um Zusammenhänge darzustellen und fundierte Forecastwerte daraus zu berechnen!

Wir reden jetzt immer viel von Dashboards für das Vertriebscontrolling bzw. für den Sales Bereich. Gibt es noch andere Dashboard Arten?

Ja, in der Tat. Und die Grenzen liegen hier tatsächlich nur im Vorhandensein der dafür notwendigen Daten. Du kannst jede Art von Dashboards programmieren oder erstellen lassen. Der Vertriebsbereich ist zumeist nur der Erste und Wichtigste für jedes Unternehmen und weil hier die Daten relativ leicht zugänglich sind. Aber auch aus den Buchhaltungsdaten können wir nach Abschluss aller Konten eine komplette Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung erstellen lassen. Aus den Transportdaten würden wir ein Logistik-Dashboard erstellen zur Optimierung deiner Transportkosten. Für das strategische Management ist ein Marktforschungs-Dashboard unerlässlich, woraus lang- und mittelfristige Marktanteile pro Marke und Land erkennbar sind. Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung könnte die Summe ihrer Projekte grafisch darstellen und welchen Umsatz- und Gewinnbeitrag sie daraus bis wann erwarten dürfen.

So könnte ich noch sehr lange weitermachen zu Themen wie Cash Flow, Capex, Lagerhaltung, Produktion usw. Aber alles muss im Rahmen bleiben und verhältnismäßig zum Unternehmens sein, das wir konkret betrachten wollen. Das Ziel für jeden Unternehmenslenker könnte sein, dass ihm ein Blick auf 3-4 verschiedene Dashboards morgens genügt, um im Bilde zu sein. Sieht er ein Problem kann er selbst tiefer einsteigen.

Siehst du in der Eigenständigkeit der Führungskräfte auch den größten Benefit von Dashboards?

Ganz genau, weil Führungskräfte niemanden mehr um Zahlen bitten müssen. Kein Controller wird mehr herbeigerufen, der dem Chef mit Exceltabellen seine Welt erklärt. Controller werden also auch extrem entlastet, da sie sich heute gerne mal 80% ihrer Zeit mit der Erstellung der Zahlen beschäftigen müssen und nur 20% wirklich planen, analysieren und steuern können. Dies wird Ressourcen in der Finanzabteilung frei machen. Jeder Manager schaut auf die Zahlen, die ihn für seinen Bereich interessieren und wonach er steuern und handeln kann.

Die Pflicht zur Analyse geht also auch in gewisser Weise vom Controller auf den Manager über, eben weil es so einfach ist! Und das ganze hast du, wenn nötig in Echtzeit oder frisch am nächsten Morgen für mit den Daten des Vortages zur Verfügung.

Wie erstelle ich selbst ein Dashboard, wenn ich deine Dienste nicht in Anspruch nehmen wollte?

Das ist kein großes Problem, weil Programme wie Power BI extra als Self Service Software entwickelt wurden. D.h. sie können auch von Menschen bedient werden, die keine Informatik studiert haben. Die Programmiersprachen M und DAX sind für den Einsteiger bis zu einem gewissen Grad leicht erlernbar. Ein guter Einstieg sind günstige Power BI Seminare im Netz für wenige hundert Euro, die in 20 Stunden das Kernkonzept beibringen. Gelehrt wird der Umgang mit dem Import von Daten über Power Query (M-Sprache, die übrigens auch Teil von Excel ist), dem Aufbau eines Datenmodells in Power BI sowie der Programmierung einfacher Measures (Kennzahlen) mit der Programmiersprache DAX. Zuletzt bringen diese Kurse dir bei, wie Tabellen und Grafiken aus diesem Datengerüst einfach erzeugt werden können. Mit diesem Rüstzeug bekommt jeder so ausgebildete Analyst bereits sehr ansehnliche Dashboards hin.

Welche Tools sind dafür vonnöten? Brauche ich zusätzliche Software und starke Rechner?

Das wird dich vielleicht überraschen: Vermutlich hast du bereits alles heute schon auf deinem Rechner, was du dafür benötigst! Eine einfache Office 365 Lizenz würde ausreichen, um MS Power BI in der Desktop Version kostenfrei zu laden und loszulegen. Power BI Desktop ist die Programmierumgebung und ist so leistungsfähig, dass sie Millionen von Datensätzen in akzeptabler Zeit verarbeiten kann, wo Excel bereits lange seine Flügel streckt. Für Fortgeschrittene gibt es noch einige Hilfsprogramme, die in Power BI eingebunden werden können, aber für den Anfang brauchen wir die nicht.

Wenn du Berichte verteilen willst musst du mit einer kleinen Gebühr durch Microsoft rechnen. Denn Power BI Desktop ist nur die Programmierumgebung, die du zwar gemeinsam nutzen, aber nicht kostenfrei in der Web Umgebung verteilen kannst. Dafür gibt es die MS Cloud, in die dein Dashboard hochgeladen wird und mit jedem Berechtigten geteilt werden kann. Dafür benötigt jeder Berichtsempfänger eine Lizenz, die heute ca. 8,50 EUR pro Monat / User kostet. Die Server dieser hochgeladenen Dashboards sollen lt. Microsoft sehr sicher sein und physisch in Deutschland stehen. Ein Zugriff von Unberechtigten oder von Microsoft selbst soll nicht möglich sein, so dass deine Daten in der Cloud weiterhin sicher sind.

Was wäre die Alternative zur eigenen Programmierung?

OK, jetzt kommen wir natürlich ein wenig zum Werbeblock. Du kannst mich natürlich beauftragen, um dir ein Basis Dashboard zu bauen. Mittel- und langfristig empfehle ich aber immer, dass sich unsere Kunden nicht von BI-Firmen wie mir abhängig machen, sondern eigene Kompetenzen in Ihrem Unternehmen aufbauen, denn das Thema bleibt den Kunden dauerhaft erhalten. Wie gesagt, solche Kurse sind günstig und der Zeitaufwand zum Lernen ist überschaubar. Wir würden die Initialzündung mit einem lauffähigen Dashboard gemeinsam machen und ein oder zwei Mitarbeiter werden in diesem Programm dann fit gemacht. So erst wird die Investition für den Unternehmer nachhaltig und sie können selbst etwas an ihrem Dashboard inhouse später ändern lassen.

Wie läuft so ein Dashboard Projekt mit dir konkret ab, wenn ich dein Kunde wäre?

Zunächst lernen wir uns und ich vor allem dein Unternehmen kennen. Ich muss deinen Business Case verstehen und welche Anforderungen du an ein ideales Reporting hast. Da ich ziemlich tiefe Einblicke in deine Zahlenwelt erhalte, bekommst du von mir eine schriftliche Geheimhaltungsvereinbarung, bevor wir loslegen.

Als Startpunkt blicken wir auf die Reports, mit denen du heute bereits arbeitest.  Jeder hat gewisse Systeme, Berichte oder Exceltabellen, die er regelmäßig vorgelegt bekommt. Die möchte ich verstehen und vor allem aus welchen Quellen sie stammen. Meistens sind 1-2 Workshops vonnöten, in denen wir deine Anforderungen und Datenquellen schriftlich definieren. Diese Spezifikation halten wir in einem Angebot fest.

Mit deiner IT-Abteilung kläre ich zumeist direkt, in welcher Form ich auf die internen Daten zugreifen kann oder darf. Vorteilhaft ist, wenn ich als Gastuser mit gewissen Berechtigungen auf die Tabellen der Systeme Zugriff bekomme. Alternativ können Downloads aus den Systemen an einem Laufwerk in deiner IT-Umgebung permanent bereit gestellt werden. Somit verlassen die Daten nicht dein Haus.

Ich gehe dann in die Programmierung und präsentiere später in mehreren Stufen die Fortschritte dem festgelegten Gremium. Häufig kommen die User dann erst auf weitere Ideen, die wir dann immer noch einbauen können. Mit der Abnahme ist das Projekt offiziell beendet.

In der Nachbetreuung empfehle ich einige Online Seminare für die späteren internen Betreuer des Dashboards und stehe auf Stundenbasis weiter für Fragen, Änderungen oder Ergänzungen zur Verfügung.

Was müsste ein Unternehmer im Schnitt für ein übliches Dashboard bei dir veranschlagen? Kannst du Aussagen über die Kosten machen?

Ein pauschalen Preis kann ich hier natürlich nicht nennen. Dafür sind die Anforderungen, die Größe der Unternehmen und die Schwierigkeiten bei der Datenanbindung zu vielfältig. Als groben Rahmen für ein Dashboard Vertriebscontrolling würde ich 50% der Jahreskosten eines gut ausgebildeten Controllers mit 5 Jahren Berufserfahrung veranschlagen. Damit hat sich das Dashboard innerhalb von 6 Monaten amortisiert, weil du diesem Controller dann weiterführende Aufgaben geben kannst, sobald das Dashboard läuft. Idealerweise betreut er es mit seinen neu erworbenen Kompetenzen gleich mit.

Gibt es weitere positive Effekte aus der Nutzung eines Dashboards aus deiner Sicht?

Ich glaube fest daran, dass mit dem Dashboard eine gewisse Änderung im Führungskreis stattfinden wird. Wenn plötzlich alle ihre Zahlen auf dem Silbertablett bekommen und selbst tiefer in die Details heruntergehen können, werden drei Dinge passieren:

  1. Dein Führungsteam steuert sich und dein Unternehmen mit dem Dashboard selbst. Du musst als Unternehmer nicht mehr alles anweisen, denn die Fakten kennt ja     jeder. Lass dir dann konsequent von Maßnahmen berichten und beobachte, wie sich die Dinge dadurch verbessern.
  2. Du diskutierst im Führungskreis nicht mehr über die Zahlenqualität. Alles ist abgestimmt, die Zahlen kommen automatisch und sie werden als die richtige Basis anerkannt.
  3. Dein Team entwickelt Freude an der Messbarkeit. Setze am besten drei effektive Ziele auf allen Ebenen und kommt damit gemeinsam in die Umsetzungskraft.

Welchen ganz konkreten Nutzen hat der Kunde von deiner Beratung?

Na klar, das müssen wir jetzt noch mal herausarbeiten:

Es geht einfach um Transparenz der Zahlen für jeden, der mit Zahlen arbeiten muss. Deine Mitarbeiter können dir viele Geschichten erzählen, aber am Ende zählt das Ergebnis. Erst wenn du anfängst glasklar zu messen kommen auch die richtigen Ergebnisse. Hast Du schon mal Poker ohne Geldeinsatz gespielt? Es macht keinen Spaß, weil der Einsatz fehlt. Du spielst nicht ernsthaft, sondern riskierst meistens zu viel. Oder Tischtennis ohne die Punkte zu zählen? Wenn gezählt wird, spielt man anders.

Und so ist es auch im Business. Als Trainer und Coach kannst Du die Menschen inspirieren neue Wege zu gehen. Die von dir gecoachten Führungskraft müssen ihren Mitarbeitern und deren Teams klare, logische, herausfordernde, aber erreichbare Ziele setzen. Nicht mehr als fünf, besser nur drei knackige Ziele. Und die mit voller Kraft umsetzen. Mein Dashboard hilft dabei, diese Ziele jedem transparent zu machen, ohne manuellen Aufwand und eine Art Selbststeuerung einzuführen. Mit dem gemeinsamen Arbeiten an den Zielen entwickelt das Team Spaß an der Messbarkeit, wird angstfreier vor Zahlen und gleichzeitig hungrig auf den Erfolg.

Um es aber noch mal klar abzugrenzen: Meine Beratung beschränkt sich auf die reine Erstellung des Dashboards, um die Steuerung mit Zahlen zu ermöglichen. Die Verbesserung des Geschäfts durch Maßnahmen wie Teamförderung, persönliches Coaching und Training ist eher bei dir beheimatet.

Für welche Branchen hast du schon etwas programmiert?

Da ist schon einiges in den letzten Jahren zusammengekommen. Angefangen habe ich für einen Abbaubetrieb für Sand und Kies im Straßenbau zu programmieren, die einen automatischen Bericht für ihren Auftragsbestand an ihre Kieswerke benötigten. Einem Entwicklungsunternehmen für Elektro- und Elektronikbauteile in NRW habe ich ein Dashboard für den Vertrieb sowie ein Future-Dashboard für Produktmanagement und Entwicklungsabteilung gebaut.

Die Beleuchtungsbranche, aus der ich selbst komme, ist natürlich auch mit einem Hersteller vertreten, die von mir aktuell ein Vertriebsdashboard bekommen und selbst weiterführen werden. Ferner konnte ich ein Maschinen-Dashboard für einen Platinenhersteller aufsetzen, mit dem der Maschinenführer die Rüst- und Produktionszeiten aktiv analysieren kann. Einer Reederei mit einer großen Tankerflotte in Hamburg habe ich die Seminare ihrer Seeleute transparent ins Power BI gebracht. Und schließlich programmiere ich gerade für die Marktforschung meines Arbeitgebers Zumtobel ein Dashboard für automatische Market Insights mit Potentialen und Marktanteilen unseres Leuchtengeschäfts.

Du siehst, die Branchen sind sehr vielfältig und obwohl meine Spezialität eindeutig die Vertriebsabteilung ist, könnte jeder Unternehmensbereich von einem Dashboard profitieren.

Christoph, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!

Sehr gerne Werner!

Wenn Sie mehr über die Vorteile eines Dashboards für Ihr Unternehmen erfahren möchten, stehen wir Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung.

Auf Wunsch erstellen wir ein kostenloses «Probedashboard» mit Ihren eigenen Daten.

Christoph Reger, MBA

Head of Finance & Controlling

Programmierung von
Dashboards mit MS Power BI

Kontaktieren Sie uns unter kontakt@christophreger.de oder info@bruch-partner.com, um mehr zu erfahren.